Samstag, 27. Dezember 2014

Das Wetter

Schau'n mer mal, wie es gleich um 7h aussieht ...
http://www.express.de/panorama/bis-15-zentimeter-wetterdienst-warnt-vor-starkem-schnee-im-rheinland-,2192,29426480.html
Dazu passt "Das HOFF zum Sonntag" über "Tiefausläufer im TV: Die Armfuchtler vom Wetter":

Manchmal am frühen Morgen, wenn das Internet noch schläft, will irgendjemand in unserem Haus wissen, wie das Wetter heute wird. Ich soll das mal nachgucken, lautet dann der Auftrag. Jawoll, mach ich. Ich schalte also den Fernseher an und wundere mich, dass ich nicht gleich erfahre, was ich erfahren will. Was für ein vorsintflutliches System, denke ich. Man muss den Menschen doch die Informationen geben, die sie suchen, und zwar immer dann, wenn sie die Informationen suchen. Darum kümmert sich das Fernsehen aber nicht. Es weiß, dass man ihm ausgeliefert ist, wenn das Internet noch zu hat, weil der Telekomtechniker noch nicht da war.
Wetter im Fernsehen ist also nicht, wenn der Kunde es wünscht. Wetter ist immer nach den Nachrichten und nach dem Werbespot, der sagt, wer das Wetter präsentiert. Ich frage mich oft, welche Firmen so doof sind, sich werblich mit einem solch wankelmütigen Phänomen wie dem Wetter zu verbünden. Schließlich macht das Wetter, was es will. Es ist oft langweilig gleichbleibend, und wenn es aufregend ist, dann nehme ich doch als Zuschauer nicht mehr wahr, wer da drum herum wirbt.
Irgendwann kommen sie dann, die Wettermänner und die Wetterfrauen. Im ZDF müssen sie abends immer drei Schritte ins Bild erledigen, so als seien sie zu spät aus der Garderobe herbeigeeilt und kämen gerade noch rechtzeitig, um zu prophezeien, was uns allen dräut. Die eine stehen links von der Karte, die anderen rechts. Jetzt kommt das Wetter, denke ich dann und bin gespannt, was mir so blüht.

Erst einmal blüht mir aber ein Wetterfoto. Das hat Heinz Ödendödel irgendwo in einer Landschaft aufgenommen, die ich nicht kenne, die ich, so wie sie aussieht, auch nie kennenlernen will. Der Wettermensch findet das Foto aber höchst aufregend. Er sagt, dass man daran sehr schön irgendein Phänomen erkennen könne. Das mag ihn interessieren, mich nicht. Ich hatte eigentlich eingeschaltet, um zu erfahren, wie das Wetter wird.

Weil sich der Wettermensch am Anfang so lange mit dem dusseligen Foto aufgehalten hat, muss er sich danach sputen. Meist reden Wettermenschen so, als würden sie nach Silbenzahl pro Minute bezahlt. Schnell also. Sie sagen was von Luftströmungen, die über Erzgebirge und die Rhön hereinkommen. Dass ich nicht gleich weiß, wo das Erzgebirge anfängt und die Rhön aufhört, stört sie nicht weiter. Schon haben sie irgendein Strömungsbild aufgerufen mit vielen Linien. Über das wischen sie mit den Händen und sagen, dass sich von Westen her eine transatlantische Strömung heranschiebt oder eine Portion Butterquark, was weiß ich.

Danach kommt eine Deutschlandkarte mit ganz vielen Punkten. Ich weiß, dass ich irgendwo in der Nähe jenes Punktes wohne, neben dem Köln steht. Ich erhasche gerade noch die Temperaturangabe, dann ist sie auch schon verschwunden. Noch verwirrender wird es, wenn oben eine Uhr läuft, die anzeigen soll, dass man mir nun den Tagesablauf vorhersagen will. Ich schaue dann leider so fasziniert auf die Uhr, dass ich vergesse, auf Köln zu gucken und zu sehen, wie sich dort die Zahlen verändern. Oder ich schaue auf den unteren Bildrand, wo eingeblendet wird, wie warm es morgen in, was weiß ich, Passau oder Pfronten, wird. Dann ist der Wettermensch schon beim Wetter der nächsten Tage. Das interessiert mich zwar gerade einen feuchten Kehricht, aber die vom Fernsehen stört das nicht.
Ich frage mich, wem solch ein Informationsgemisch nützt? Wer hat was davon? Würden Wettermenschen von Bundestagsentscheidungen berichten, zählten sie wahrscheinlich alle Abgeordneten auf, die gerade im Saal waren, als sie hingeschaut haben. Und dann kämen noch jene hinzu, die gerade den Saal verließen. Und jene, die hereinkamen. Um was es in der Debatte ginge, wäre zweitrangig. Hauptsache, man weiß, wer wann gekommen und gegangen ist.
Ganz am Ende werden die Wettermenschen dann etwas ruhiger. Wenn sie merken, dass sie schon genügend Silben abgesondert haben, kommen sie in sanftes Fahrwasser, dann holen sie noch mal Luft, und wenn sie ganz entspannt sind, hauen sie noch einen lockeren Wunsch für die Menschen da draußen raus.
Danach fragt mich meine Frau, wie das Wetter denn nun wird. Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Mein Geist ist verwirbelt von all den Cumuluswolken und Strömungsphänomenen, von Hochnebel und glatten Fahrbahnen. Ich gehe zum Fenster, schaue hinaus auf die Landschaft und unser Thermometer. „Es ist sechs Grad und trocken“, rufe ich durchs Haus. Ich will noch was hinterher schieben von Jetstreams und Polareinflüssen, aber da hört mir schon niemand mehr zu.
Ich schaue nochmal aus dem Fenster und sehe den Telekomtechniker nahen. Pünktlich. Das ist unglaublich, aber gut. Es wird nämlich Zeit, dass das Internet seine Filiale bei mir wieder aufmacht. Mit dem Wetter aus dem Fernsehen kann ich nämlich nichts anfangen. Das füllt nur Sendezeit und gibt Armfuchtlern und Windmühlenimitatoren Arbeit. Ich brauche das nicht. Das ist höchstens etwas für Menschen, die ohnehin drin bleiben, denen egal ist, wie es da draußen stürmt und weht. Die ertragen auch Wettermenschen bei der Arbeit. Hauptsache, im Fernsehen macht irgendwer irgendwas und belebt die elektronische Tapete. Und nun: Das Wetter.

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