Donnerstag, 9. März 2017

Onkel Heinz' wunderbare Rede:





Heidi Richter schreibt im Bobby-Buch: „Peter heißen viele…aber in der Hippie-Zeit nannten wir ihn ‚Heiterkeitspeter‘, denn er war die personifizierte gute Laune.“

Die meisten von uns kannten ihn als „Zokker-Peter“. Ihn, der in jungen Jahren Vertreter für den Kräuterschnaps Underberg war. Die Marke, die ihn sein Leben lang begleiten sollte. Ob als Chef in der legendären Babs, als DJ Jean-Pierre im Lord Nelson, als Unikum im Weißen Bär und und und… und seit den 80-er Jahren als Wirt in der Kreuzherrenecke.

Überall war Hans-Peter Hubert-Leisten, wie der Zokker richtig hieß, bekannt und er wurde respektiert. Er selber dagegen…völlig respektlos.

So einer nimmt kein Blatt vor den Mund. Vorschriften von Ämtern betrachtete er als…Vorschläge. Anordnungen als Anregungen.

Diese Art und sein extravaganter Look bis hin zum Ibizakorb mit „allem drin“, machten ihn zu einem echten Original in der Altstadt und darüber hinaus. Ein bunter Hund in der schicken Hohe Straße. Wo er auftauchte, hatte die Normalität Pause.

Der Zokker war Herbergsvater und Kneipen-Psychologe, der uns Gäste seine „Patienten“ nannte. Verordnete Medizin: die selbstgemachten Schnäpse nach Großmutters Rezept.

Pfeffer, Ingwer, Pepperoni. Letzterer nur für Unerschrockene mit starken Nerven. Die Patienten haben es genossen. Mitmenschen aller Couleur vom Anwalt bis zum Zahnarzt. Viele Prominente obendrein. Oft war das Fernsehen da und die lokale Presse.

Stets hatte der Zokker ein offenes Ohr für alle und alles. Außer für Witze. Die hasste er. Abgrundtief. Aber ansonsten konnten wir ihm jedes Ding anvertrauen und er uns auch. Wir waren ja sein Publikum, seine Fans. Die, die er ebenso herzte wie mit Leidenschaft beschimpfte, um im nächsten Augenblick einen Schnaps auszugeben. Oder, noch lieber, mit uns darum zu zocken.

Seine Lieblingsmusik: Beatles und Stones. Aufgelegt unter strengen Anweisungen ans Personal: „Weniger Bässe, mehr Höhen. Leiser, lauter! Wo bleibt der Übergang?“

Überhaupt die Musik…bloß keine Fußball-Lieder! Aber unzähligen Live-Bands bot der Zokker eine Plattform. Dabei stand meist der ganze Laden, den er auch schon mal seine „Horror-Bude“ nannte, Kopf und er mitten drin. Als Anheizer, als Conferencier, als der eigentliche Star.
Und alle Schönen der Nacht…seine Groupies. Hier ein Kompliment, da ein frecher Spruch, dicker Kuss und weiter geht der ganze Wahnsinn. Die Nelkenzigarette fest im
Anschlag. Hully-Gully bis zum Abwinken, Altweiber inklusive. Die Anekdoten über diese Zeit reichen für Lichtjahre.

An normalen Tagen, falls es die überhaupt gab, um halb-eins „Hans Albers‘ Reeperbahn“. Orgel zwischendurch sowieso.
Und dann weiter, immer weiter. Mit der nächsten Vernissage. Mit Diskussionen und Streitgesprächen über alles Mögliche. Politik, Sport, Kultur, Kunst. Ganz klar, auch mit vielen Künstlern.
Die hatten bei ihm sowieso einen Stein im Brett und durften Deckel machen, wie manch anderer auch. Oft wurden sie niemals bezahlt und irgendwann dann entsorgt. Zokker’s Devise: “Mehr is‘ nich drin!“
Er selbst hat auch gemalt. Ganz im Stillen. In seinem Refugium in der Eifel. Kräftige Farben auf großen Leinwänden. Das Haus bot ja Platz genug. Auch zum Aufbewahren von vielen lieb gewonnenen Erinnerungen und natürlich als Treffpunkt für die Freunde aus der Stadt, die er gerne seinen staunenden Nachbarn präsentierte. Umgekehrt genauso.
In der Garage neben der deutschen Komfortkarosse ein englischer Sportwagen. Die Nähe zum Nürburgring befeuerte seine Begeisterung für den Rennsport.
Und wenn nicht Eifel, dann ab und zu Urlaub. Ko Samui, Mallorca – aber nur ein bestimmtes Hotel - und Formentera, manchmal mit eigenem Heizöfchen. Oder Algarve, Unterkunft mit deutschem Fernsehprogramm: täglich „Richterin Barbara Salesch“.
Der alte Grantler war gewiss kein einfacher Zeitgenosse. Aber wer ihn zu nehmen wusste, mit dem ging er durch Dick und Dünn. Bis ans Ende der Welt.
Bis es irgendwann nicht mehr so leichtgängig war. Bis er eine Reihe von Verletzungen hinnehmen musste, die ihn stark einschränkten. Nicht jedoch in der Birne. Da war der Zokker noch lange beweglich genug.
Gerne erinnern wir uns an das 60-Jahre-Kneipen-Jubiläum und seinen 75zigsten, als er unsere Ovationen vor der Kreuzherrenecke entgegen nahm. Das hat ihm sicherlich gut getan aber ihn gleichzeitig leichtsinnig werden lassen. Mit fatalen Folgen, von denen er nunmehr erlöst ist.
Wie dem auch sei, Zokker-Peter. Du warst ein Mensch voller Freude und Liebe, Lust und Leid, Streitkultur und Kauzigkeit. Mit Ecken und Kanten, mitten im Leben. Stolz vor allem auf Deine Liebsten.
So einen wie Dich wird es nie mehr geben. Und wenn wir die Augen schließen und an den schnauzbärtigen Typen mit der 
Häkelmütze denken, dann hören wir vielleicht seine raue Stimme, die uns einen Sinnspruch mit auf den Weg gibt: “Oh, Baby, it’s a wild world…“
Tschöö, Zokker! Der Underberg geht auf Dich…



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