Montag, 11. Mai 2020

NÜCHTERN unter FREUNDEN

Europa leistet sich die größte legale offene Drogenszene der Welt: Jeder hat Zugang zu Alkohol. Von den weltweit 30 Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch liegen sage und schreibe 26 in Europa. Aus Europa kommt ein Viertel der Weltalkoholproduktion. Big Business mit jährlich drei Millionen Toten. Wer profitiert davon? 
Arte-Dokumentation morgen 20:15h - click:
https://www.arte.tv/de/videos/080991-000-A/alkohol-der-globale-rausch/
Alkohol: Kein Stoff der Welt ist uns so vertraut und in seiner Wirkung so unglaublich vielfältig. Man bekommt ihn überall und das kleine Molekül ist in der Lage, sämtliche 200 Milliarden Neuronen eines menschlichen Gehirns völlig unterschiedlich zu beeinflussen. Doch kaum jemand bezeichnet Alkohol trotz seiner psychoaktiven und Zellen zerstörenden Wirkung als Droge. Aber warum lassen wir den Tod von jährlich drei Millionen Menschen einfach so zu? Verschließen wir seit Jahrtausenden die Augen vor den Gefahren und Risiken? Welche Rolle spielt die mächtige Alkoholwirtschaft mit einem Jahresumsatz von 1,2 Billionen Euro bei dieser konsequenten Verschleierung?
Grimme-Preisträger Andreas Pichler sucht Antworten auf die Fragen, warum wir überhaupt trinken, was Alkohol mit uns macht und wie stark die Industrie Gesellschaft und Politik beeinflussen. Er reist um die Welt von Deutschland über England nach Nigeria, um die aggressiven Handelspraktiken der globalen Alkoholindustrie aufzudecken, die in neuen Märkten mit allen Mitteln Wachstum sucht. Und er besucht Island, das die Kehrtwende geschafft hat: Wo vor 20 Jahren Horden von Betrunkenen durch die Straßen zogen, meistern dort heute die jungen Menschen das Bedürfnis nach Entspannung und Lebensdoping ohne Alkohol.
Die Dokumentation erhebt keinen Zeigefinger, wird aber die Trinkgewohnheiten jedes Zuschauers nachhaltig verändern.

Zum begleitenden Artikel im 'arte-Magazin' - click:
https://www.arte-magazin.de/nuechtern-unter-freunden-2/
Daraus: "Nachdem ich meinen Selbstversuch, einfach mal auf Alkohol zu verzichten, ein paar Wochen erfolgreich und munter durchgezogen hatte, fragte mich bei einem Abendessen der Mann einer Freundin: „Aber sonst bist du schon noch allen sinnlichen Vergnügen zugetan?“ Das war der Moment, in dem ich wusste: Ich zettle gerade eine Rebellion an."
"Heute weiß ich, was mir das Nichttrinken vor allem gegeben hat: Ich bin mir selbst nähergekommen. Auf die Schliche gekommen, wer ich bin und in welchen Momenten ich das partout nicht aushalten wollte. Auch lernte ich, egal, wie die Umstände um mich herum sind, ohne Betäubung mit mir zu sein. Die unbequemen, lange verdrängten Gefühle einfach mal so stehen zu lassen, ohne sie in Ethanol ersaufen zu müssen. Und es fühlt sich nicht nur am Neujahrsmorgen fantastisch an, sondern jeden verdammten Tag meines Lebens."

Auch der STERN thematisiert die Volksdroge Nummer 1 mit Titelstory - click:
In Corona-Zeiten ist der Alkoholverbrauch gestiegen:
Fast könnte man meinen, das läßt sich alles nur im Suff ertragen ...




Alkoholsucht in Zeiten der Coronakrise: "Abschalten kann ich nur mit einer Flasche Wein" Podcast des Stern mit Nathalie Stüben, die erzählt, wie sie von ihrer Alkoholsucht losgekommen ist und welche Strategien Betroffenen helfen können - click:




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● Eines noch:
An all diejenigen die mir einen gewissen missionarischen Eifer nachzusagen versuchen  -  dem ist nicht so!
Durch einen sehr dramatischen Zwischenfall, der durch Alkohol verursacht wurde, ist mir schlagartig bewusst geworden, welch fatale Auswirkungen dieser Stoff hat.
Seit dieser persönlichen Katastrophe habe ich keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt! Das ist jetzt 3 Jahre her.

Mir geht es dabei blendend. Und ich bin immer noch lustisch 🤭.
Eines allerdings hat sich  frappierend geändert: durch mein Nichttrinken bin ich zum Aussenseiter geworden. Ich bin der 'Nichtnormale' - nur weil ich kein Bier/Wein oder Schnaps mehr anrühre.
Ziemlich krass, vor allem, wenn man bedenkt, dass der Satz „Ich trinke nicht“ in unserer Gesellschaft häufig nur ungläubiges Kopfschütteln verursacht.
Das ist fatal. Hier stimmt was nicht in unseren Gesellschaften. Berauschende Mittel, wie auch Alkohol, gibt es, seit es Menschen gibt. Doch heutzutage ist es anscheinend zum 'Kulturgut' avanciert.
Auch ich wurde vor Jahren gewarnt, meinen Alkoholkonsum zu beobachten, da sonst 'Quartalssäufertum' angesagt worden wäre. Das hatte ich natürlich ganz anders gesehen. Aber sei's drum.
Erschwerend - oder besser gesagt erleuchtend - kommt bei mir hinzu, dass ich in meinem Job als Nachtfahrer auch in die Abgründe menschlichen Daseins blicken kann. Ich sehe also sehr genau, und erlebe es hautnah - und zwar nüchtern (!),  was Alkohol mit uns Menschen macht.

Auch wenn Alkohol die einzige Droge ist, bei der man sich rechtfertigen muss, wenn man sie nicht konsumiert, sollte man cool bleiben. Das Nichttrinken wird nach der Umstellung zu einem Schatz, den es zu bewahren gilt. Das kann man durchaus leise tun. Regel Nummer eins, wenn man aussteigt aus dem Sprit-Zirkus: Auf keinen Fall ein Fass aufmachen! Niemand, der gerade an einem Glas Grauburgunder nippt, möchte einen Gesundheitsvortrag hören. Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, die man trifft, die lange in einem gärt. Das Beste, was man als Abstinenzler tun kann: lächeln! Sich weder erklären noch rechtfertigen noch rechthaberisch sein. Wir wissen alle, dass Alkohol nicht gut ist. Wir wissen das, und deshalb beschützen wir ihn bis aufs Blut, weil wir Angst haben, dass er uns genommen wird. Dass uns genommen wird, was wir seit unserer Jugend als unseren Verbündeten ansehen.
• Aber die Wahrheit ist: Er ist kein guter Freund. Er tut nur so.



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