Freitag, 3. Oktober 2014

'nen schönen Einheitstag - mach doch mal Pause






 
und, auf ein Wort:
RP-Kolumne Gesellschaftskunde

Warum Menschen Pausen brauchen

Pausen sind nicht nur hohle Zäsuren. Sie helfen, Dinge unterscheidbar zu machen. Auch im Leben unterbrechen sie Routinen – und schaffen Freiraum, um den Alltag zu hinterfragen.

Man könnte eine Pause schlicht als leere Zeit beschreiben, als ein gewisses Maß an Stille. Doch in der Musik kann man erleben, welche Spannung in einer Pause steckt, wie der Hörer vorwegnimmt, welche Akkorde nun folgen werden, und dann überrascht wird. Auch bei professionellen Sprechern ist das Innehalten als Kunst zu erleben. Die Augenblicke des Atemholens bauen Spannung auf, sie schüren Erwartungen, und – sie setzen Sinn. Sprache wäre ohne diese Lücken unverständlich, ein murmelndes Band von Lauten ohne Inhalt.
Pausen sind also nicht nur hohle Zwischenräume, sie machen Dinge unterscheidbar. Und das gilt nicht nur im Konzert oder Sprechtheater. Auch die Pausen im Leben durchbrechen das Einerlei. Auch sie machen die Tage unterscheidbar. Darum sind Feiertage so wichtig, über ihre politische oder religiöse Bedeutung hinaus. Sie sind nicht nur willkommene Zeit zum Ausspannen. Sie strukturieren den Jahresablauf, geben uns ein Empfinden für das Verrinnen der Zeit. Weil Ostern, Weihnachten, Allerheiligen oder der Tag der Deutschen Einheit eben nicht sind wie alle anderen Tage, sondern die Routinen in einer schnelllebigen Welt unterbrechen. Darum ist es gut, Feiertage ganz bewusst anders zu gestalten als den Alltag, sich für kleine Dinge Zeit zu gönnen, für das Frühstück, die Zeitungslektüre, den Spaziergang mit der Familie. Oder auch für das Mal-mitsich-alleine-Sein.
Bei vielen sind die berufliche Belastung und die Verplanerei der privaten Zeit allerdings so weit fortgeschritten, dass sie auch Feiertage nur noch als Überlaufbecken für all das Nichterledigte nutzen, Liegengebliebenes aufarbeiten und so den Tag, der außergewöhnlich sein könnte, doch wieder nur in einen Arbeitstag verwandeln. Subjektiv mag das manchmal unumgänglich erscheinen. Und es mag auch entlasten, wenn man endlich erledigt, was lange liegengeblieben ist.
Aber Pausen sind Taktgeber. Sie bremsen das Vorbeirauschen der Zeit, können die Sinne wieder schärfen für die eigenen Bedürfnisse und das Empfinden der Menschen, mit denen wir leben. Um die es eigentlich gehen sollte.
Wer Pausen wie den Tag der Deutschen Einheit morgen nutzt, um mit größerem Feinsinn auf die eigene Zeit zu blicken, und befreit von der täglichen Routine nur ein paar Akzente anders setzt, der wird erleben, wie viel Spannung in Pausen entsteht. Weil sie eben kein Loch sind, nicht die Negation von Handlung, sondern entlastete Zeit mit eigener Dynamik. Die Dynamik der Freiheit.




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